Rechtsquellen für die Mündelgeldanlage

Gesetzliche Grundlagen für die Anlegung von Mündelgeld

Die für die Verwaltung von Mündelvermögen relevanten Rechtsnormen befinden sich nicht nur im Zivil- und Verfahrensrecht, sondern insbes. auch im Wertpapieraufsichtsrecht:

  • Die Anlegung von Mündelgeld ist in §§ 215 bis 220 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) reguliert; §§ 221 bis 224 ABGB enthalten Bestimmungen über die Umschichtung und Veräußerung von Mündelvermögen bzw. über die Entgegennahme von Zahlungen.
  • Verfahrensrechtlich relevante Bestimmungen sind insbesondere die §§ 132 bis 139 AußStrG (Außerstreitgesetz) sowie § 167 Abs 3, § 214 und § 258 Abs 4 ABGB.
  • Gesetzliche Vertreter ziehen bei der Mündelgeldanlage meist Wertpapierdienstleister bei, weshalb die Wohlverhaltensregeln aus §§ 45 bis 65 WAG (Wertpapieraufsichtsgesetz) sowie einschlägiges EU-Recht in der Praxis von großer Bedeutung sind.[98]

Adressaten der zivil- und verfahrensrechtlichen Normen über Mündelgeldanlage sind gesetzliche Vertreter, Pflegschaftsgerichte und Sachverständige. Gesetzliche Vertreter ziehen bei der Anlegung von Mündelgeld üblicherweise Wertpapierdienstleister bei, etwa um eine Anlageberatung zu erhalten oder um Wertpapiergeschäfte auszuführen. Die gewerbliche Erbringung solcher Leistungen unterliegt dem Wertpapieraufsichtsgesetz sowie zahlreichen EU-Verordnungen. Diese Normen enthalten zum Schutz der Anleger insbes. detaillierte Bestimmungen darüber, welche Wertpapierdienstleistungen es gibt und wie diese auszuführen sind. Die den Wertpapierdienstleistern in diesen Vorschriften auferlegten Verpflichtungen verschaffen dem Mündel ein höheres Schutzniveau als das ABGB. Eine für Mündelgeld erbrachte Anlageberatung oder Vermögensverwaltung hat also jedenfalls den einschlägigen Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsrechts zu entsprechen.

Wertpapierdienstleister haben gemäß § 56 Abs 1 u. § 60 Abs 2 WAG bei jeder Anlageberatung zu überprüfen und zu dokumentieren, ob und weshalb die von ihnen empfohlene Anlegung für den Kunden geeignet ist. Die in §§ 216 u. 217 ABGB getroffene Vermutung, daß gewisse Anlageformen für die Investition von Mündelgeld geeignet seien, kann nicht zugleich eine Eignung im aufsichtsrechtlichen Sinne implizieren und kann Wertpapierdienstleister nicht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Eignungsprüfung entbinden. Eine gegenteilige Auffassung würde unterstellen, daß das Wertpapieraufsichtsgesetz bei der Anlegung von Mündelgeld durch das ABGB derogiert wird; diese Auffassung wird sicherlich abzulehnen sein, zumal das WAG das sowohl jüngere als auch speziellere Gesetz ist. Es kann daher z.B. eine Empfehlung für den Kauf genehmigungsfreier Investmentfonds in einer ordnungsgemäßen Eignungserklärung nicht damit begründet werden, daß es sich im zivilrechtlichen Sinne um sog. „mündelsichere“ Wertpapiere handle. Wertpapierdienstleister haben also selbstverständlich auch bei der Beratung gesetzlicher Vertreter eine den Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsrechts entsprechende Eignungsprüfung durchzuführen, da ansonsten Potential für Fehlberatungen bestünde.

Hoffentlich erwies sich der Inhalt dieser Seite für Sie als nützlich und beantwortete möglichst viele Ihrer Fragen. Wenn Sie weitere Fragen über die Anlegung von Mündelgeld haben, steht Ihnen der Autor Mag. Alexander Giuliani dafür als Sachverständiger und unabhängiger Vermögensberater zur Verfügung.

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[98] DelVO (EU) 2017/565.