Anlageformen für Mündelgeld
Der Gesetzgeber spricht keiner Anlageform die Mündelsicherheit – d.h. die Eignung zur Anlegung von Mündelgeld – ab, sondern unterscheidet lediglich zwischen
- gerichtlich genehmigungspflichtigen Anlageformen, deren Mündelsicherheit durch ein Gerichtsgutachten nachzuweisen ist und
- genehmigungsfreien Anlageformen, die keiner gerichtlichen Genehmigung bedürfen, da ihre Mündelsicherheit zivilrechtlich vermutet wird.
Nach ständiger Rechtsprechung sind diese beiden Gruppen von Anlageformen hinsichtlich ihrer Eignung für die Anlegung von Mündelgeld gleichrangig.[13]
Genehmigungsfreie Anlageformen
Genehmigungspflichtige Anlageformen
Einlagen
Spareinlagen mit Deckungsstock
Liegenschaften
Grundstücke und Gebäude
Anleihen
Inländische Anleihen höchster Bonität
Kredite
Vergabe hypothekarisch besicherter Kredite
Fonds
Genehmigungsfreie Investmentfonds
Andere Anlageformen
Auffangbestimmung § 220 ABGB
Eignung für die Anlegung von Mündelgeld: Zivilrecht vs. Wertpapieraufsichtsrecht
Wertpapierdienstleister haben bei jeder Anlageberatung zu überprüfen und zu dokumentieren, ob und weshalb die von ihnen empfohlene Anlegung für den Kunden geeignet ist.[14] Die in §§ 216 u. 217 ABGB getroffene Vermutung, daß gewisse Anlageformen für die Investition von Mündelgeld geeignet seien, kann nicht zugleich eine Eignung im aufsichtsrechtlichen Sinne implizieren und kann Wertpapierdienstleister nicht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Eignungsprüfung entbinden. Eine gegenteilige Auffassung würde unterstellen, daß das Wertpapieraufsichtsgesetz bei der Anlegung von Mündelgeld durch das ABGB derogiert wird; diese Auffassung wird sicherlich abzulehnen sein, zumal das WAG das sowohl jüngere als auch speziellere Gesetz ist. Es kann daher z.B. eine Empfehlung für den Kauf genehmigungsfreier Investmentfonds in einer ordnungsgemäßen Eignungserklärung nicht damit begründet werden, daß es sich im zivilrechtlichen Sinne um sog. „mündelsichere“ Wertpapiere handle.
Wertpapierdienstleister haben also selbstverständlich auch bei der Beratung gesetzlicher Vertreter eine den Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsrechts entsprechende Eignungsprüfung durchzuführen, da ansonsten Potential für Fehlberatungen bestünde.
Investition in mehrere Anlageformen ist stets zweckmäßig
Bei der Mündelgeldanlage kommt es nicht nur darauf an, in einen einzelnen mündelsicheren Vermögenswert zu investieren. Gemäß § 215 Abs 2 ABGB ist auch zu berücksichtigen, ob eine Investition in mehrere (d.h. in verschiedene) Arten mündelsicherer Vermögenswerte „wirtschaftlich zweckmäßig“ ist. Mit anderen Worten: Mündelgeld ist nicht nur in eine einzelne mündelsichere Anlageform zu investieren, wenn dies nicht wirtschaftlich zweckmäßig ist.
Es ist allerdings wissenschaftlich erwiesen, daß sich die Investition in verschiedene Anlageformen stets positiv auf den Diversifikationseffekt eines Portfolios auswirkt, da die Korrelation zwischen Vermögenswerten aus verschiedenen Anlageformen geringer ist als jene zwischen Vermögenswerten innerhalb einer Anlageform. Die von § 215 Abs 2 ABGB für eine Investition in mehrere Anlageform vorausgesetzte wirtschaftliche Zweckmäßigkeit ist daher trivialerweise stets gegeben. Mündelgeld sollte daher jedenfalls in mehrere Anlageformen investiert werden, insbesondere auch in Anlageformen gemäß § 220.
Hoffentlich erwies sich der Inhalt dieser Seite für Sie als nützlich und beantwortete möglichst viele Ihrer Fragen. Wenn Sie weitere Fragen über die Anlegung von Mündelgeld haben, steht Ihnen der Autor Mag. Alexander Giuliani dafür als Sachverständiger und unabhängiger Vermögensberater zur Verfügung.
[13] RIS-Jusitz RS0111790.
[14] § 56 Abs 1 u. § 60 Abs 2 WAG.