Häufige Fragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ) über die Anlegung von Mündelgeld

Mündelgeld ist Bargeld sowie Geld auf Girokonten und Wertpapierverrechnungskonten von einer Person, die über einen gesetzlichen Vertreter verfügt; dabei handelt es sich bei einer volljährigen Person um ihren Erwachsenenvertreter, bei einer minderjährigen Person primär um ihre Eltern. Mündelgeld ist unverzüglich – d.h. ohne unnötigen Aufschub – sicher und möglichst fruchtbringend anzulegen.

Die in §§ 216 bis 219 ABGB beschriebenen Anlagengattungen werden dort jeweils in den Überschriften als mündelsicher bezeichnet und im Gesetzestext als zur Anlegung von Mündelgeld geeignet erklärt. Gemäß § 220 Abs 1 ABGB erfordert die Investition von Mündelgeld in eine genehmigungspflichtige Anlageformen den Nachweis, dass diese den Grundsätzen einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht.

Bedeutung von Mündelsicherheit

Aus einer systematischen Interpretation der oben genannten Normen folgt:

  1. Der Gesetzgeber benutzt das Adjektiv „mündelsicher“ als Synonym für die Worte „zur Anlegung von Mündelgeld geeignet“.
  2. Sobald der vorgenannte Nachweis durch ein Gerichtsgutachten erbracht wurde, ist die genehmigungspflichtige Anlageform zur Investition des Mündelgelds geeignet – mit anderen Worten: sie gilt dann als mündelsicher.
  3. Es besteht eine Äquivalenz der drei Bezeichnungen „mündelsicher“, „zur Anlegung von Mündelgeld geeignet“ und „den Grundsätzen einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entsprechend“.

Der Gesetzgeber spricht keiner Anlageform die Mündelsicherheit – d.h. die Eignung zur Anlegung von Mündelgeld – ab, sondern unterscheidet lediglich zwischen

  • gerichtlich genehmigungspflichtigen Anlageformen, deren Mündelsicherheit durch ein Gerichtsgutachten nachzuweisen ist und
  • genehmigungsfreien Anlageformen, die keiner gerichtlichen Genehmigung bedürfen, da ihre Mündelsicherheit zivilrechtlich vermutet wird.
Es kann somit innerhalb des Investmentuniversums von Gesetzes wegen nicht zwischen mündelsicheren und „nicht-mündelsicheren“ Anlageformen unterschieden werden, sondern nur zwischen genehmigungsfreien und genehmigungspflichtigen Anlageformen. Ob eine gewisse Anlageform im konkreten Einzelfall nicht mündelsicher ist, kann hingegen nur durch eine richterliche Entscheidung festgestellt werden. Im Interesse einer möglichst präzisen Wortwahl werden daher Anlageformen gemäß §§ 216 u. 217 ABGB auf dieser Internetseite nicht als mündelsicher bezeichnet, sondern als genehmigungsfrei.
Die hier dargelegte Gesetzesauslegung entspricht der ständigen Judikatur, nach welcher die in §§ 216 bis 220 ABGB enthaltenen Anlageformen gleichrangig sind und eine Investition in Anlageformen gemäß § 220 ABGB vom Pflegschaftsgericht zu genehmigen ist, wenn sie den Grundsätzen wirtschaftlicher Vermögensverwaltung entspricht.[1] Ferner ist diese Auslegung auch in historischer Hinsicht schlüssig, zumal laut Gesetzesmaterialien die in § 215 (vormals § 230) Abs 1 ABGB aufgezählten Anlagearten, vom Standpunkt der Mündelsicherheit aus gesehen, einander gleichwertig sind.[2]

Immobilienfonds sind Alternative Investmentfonds, die vor allem in bebaute oder unbebaute Grundstücke und in Superädifikate investieren, d.h. in illiquide Vermögenswerte. Jeder Immobilienfondsanleger hat nach Ablauf einer Mindesthaltefrist von insgesamt 24 Monaten und einer Rückgabefrist von 12 Monaten das Recht zur täglichen Rückgabe seiner Anteilscheine, d.h. nach Ablauf dieser Fristen ist ihm sein Anteil am Fondsvermögen aus diesem auszubezahlen.[3]

Die Verbindung illiquider Vermögenswerte mit einer Verpflichtung zur täglichen Rücknahme schafft allerdings eine Fristeninkongruenz und somit das Risiko, daß ein Immobilienfonds nicht über ausreichend liquide Mittel verfügt, um seiner Verpflichtung zur Rücknahme von Anteilen tatsächlich nachzukommen. Dieses Risiko hat sich bei zahlreichen deutschen Immobilienfonds realisiert, weshalb einige dieser Fonds nach deutschem Recht schließlich abzuwickeln waren. Die Abwicklung eines Immobilienfonds – d.h. der Verkauf sämtlicher Immobilien und die Auszahlung aller Anleger – dauert allerdings mehrere Jahre.
Wenn bei einem Immobilienfonds Liquiditätsprobleme auftreten, ist der Immobilienfondsverwalter zu einer Aussetzung der Rücknahme von Anteilscheinen berechtigt, um währenddessen durch Immobilienverkäufe die zur Auszahlung der Anleger erforderliche Liquidität zu beschaffen. In Österreich machte z.B. die LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft im Oktober 2023 hinsichtlich des LLB Semper Real Estate Immobilienfonds von diesem Recht Gebrauch.[4] Die Anleger dieses Fonds können ihre Anteilscheine seither nicht zu Geld machen.
  • Mündelgeld kann genehmigungsfrei in Spareinlagen angelegt werden, die über einen Deckungsstock hoher Bonität verfügen, auf den das Mündel im Falle der Insolvenz des Kreditinstituts als bevorrechtigter Gläubiger direkten Zugriff hat.[5] Die Verzinsung solcher Spareinlagen mit Deckungsstock ist bei zahlreichen Banken allerdings wesentlich (nämlich um mehr als die Hälfte) geringer als die Verzinsung von Spareinlagen ohne Deckungsstock. Ferner sind Spareinlagen mit Deckungsstock aufgrund der gesetzlichen Einlagensicherung bei Beträgen bis € 100.000 nicht sicherer als jene ohne Deckungsstock. Es liegt daher gar nicht im
    Interesse vertretener Personen, Mündelgeldbeträge von unter € 100.000 in Spareinlagen mit Deckungsstock anzulegen.
  • Die Verzinsung von Spareinlagen – sei es mit oder ohne Deckungsstock – ist grundsätzlich geringer als die Verzinsung von Wertpapieren mit vergleichbaren Laufzeiten und Risiken. Beispielsweise betrug per 10. September 2024 die Verzinsung von Bundesschätzen der Republik Österreich mit Laufzeit von 6 Monaten 3,15 %, jene von Spareinlagen ohne Deckungsstock mit gleicher Laufzeit hingegen nur durchschnittlich 2,15 %.[6]
  • Bei Auflösung von Spareinlagen vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit verrechnen Banken Negativzinsen (sog. Vorschusszinsen), die für jeden vollen Monat der nicht eingehaltenen Laufzeit 0,10 % betragen. Die vorzeitige Auflösung einer Spareinlage kann daher den Verlust aller bis dahin aufgelaufenen oder auch bereits ausbezahlten Habenzinsen zur Folge haben.[7]
  • Nach Ablauf der für eine Spareinlage vereinbarten Laufzeit erfordert die Wiederveranlagung des Mündelgelds eine neuerliche gerichtliche Genehmigung. Spareinlagen sind daher im Vergleich zu Investmentfonds bei der Anlegung von Mündelgeld in verfahrensökonomischer Hinsicht ineffizient.

Eine sinnvolle Alternative zu Spareinlagen ist die Anlegung in Bundesschatzscheine. Dabei handelt es sich um Schuldscheine der Republik Österreich mit Laufzeiten zwischen einem Monat und bis zu 10 Jahren. Die aktuell jeweils angebotenen Laufzeiten und Zinssätze werden täglich auf www.bundesschatz.at veröffentlicht. Eine Anlegung in Bundesschatzscheine bedarf keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung.[8]

Vorteile von Bundesschatzscheinen gegenüber Spareinlagen:

  • Hohe Bonität der Republik Österreich.
  • Verzinsung stets höher als bei genehmigungsfreien Spareinlagen mit vergleichbarer Laufzeit.
  • Verzinsung in der Regel höher als bei genehmigungspflichtigen Spareinlagen mit vergleichbarer Laufzeit.
  • Eignung zur Anlegung von Beträgen über EUR 100.000, welche bei genehmigungspflichtigen Spareinlagen mangels Einlagensicherung unzulässig wäre.
  • Vorschusszinsen bei vorzeitiger Auflösung der Anlegung nur 0,05 % p.m., d.h. halb so hoch wie bei Spareinlagen.
Im Lexikon finden Sie ausführliche Information über die Anlegung in Bundesschatzscheine.

Gesetzliche Vertreter ziehen bei der Anlegung von Mündelgeld üblicherweise Wertpapierdienstleister bei, etwa um eine Anlageberatung zu erhalten oder um Wertpapiergeschäfte auszuführen. Die gewerbliche Erbringung solcher Leistungen unterliegt dem Wertpapieraufsichtsgesetz sowie zahlreichen EU-Verordnungen. Diese Normen enthalten zum Schutz der Anleger insbes. detaillierte Bestimmungen darüber, welche Wertpapierdienstleistungen es gibt und wie diese auszuführen sind. Die den Wertpapierdienstleistern in diesen Vorschriften auferlegten Verpflichtungen verschaffen dem Mündel ein höheres Schutzniveau als das ABGB. Eine für Mündelgeld erbrachte Anlageberatung oder Vermögensverwaltung hat also jedenfalls den einschlägigen Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsrechts zu entsprechen.

Wertpapierdienstleister haben bei jeder Anlageberatung zu überprüfen und zu dokumentieren, ob und weshalb die von ihnen empfohlene Anlegung für den Kunden geeignet ist.[9] Die in §§ 216 u. 217 ABGB getroffene Vermutung, daß gewisse Anlageformen für die Investition von Mündelgeld geeignet seien, kann nicht zugleich eine Eignung im aufsichtsrechtlichen Sinne implizieren und kann Wertpapierdienstleister nicht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Eignungsprüfung entbinden. Eine gegenteilige Auffassung würde unterstellen, daß das Wertpapieraufsichtsgesetz bei der Anlegung von Mündelgeld durch das ABGB derogiert wird; diese Auffassung wird sicherlich abzulehnen sein, zumal das WAG das sowohl jüngere als auch speziellere Gesetz ist. Es kann daher z.B. eine Empfehlung für den Kauf genehmigungsfreier Investmentfonds in einer ordnungsgemäßen Eignungserklärung nicht damit begründet werden, daß es sich im zivilrechtlichen Sinne um sog. „mündelsichere“ Wertpapiere handle.
Wertpapierdienstleister haben also selbstverständlich auch bei der Beratung gesetzlicher Vertreter eine den Bestimmungen des Wertpapieraufsichtsrechts entsprechende Eignungsprüfung durchzuführen, da ansonsten Potential für Fehlberatungen bestünde.

Hoffentlich erwies sich der Inhalt dieser Seite für Sie als nützlich und beantwortete möglichst viele Ihrer Fragen. Wenn Sie weitere Fragen über die Anlegung von Mündelgeld haben, steht Ihnen der Autor Mag. Alexander Giuliani dafür als Sachverständiger und unabhängiger Vermögensberater zur Verfügung.

[1] RIS-Jusitz RS0111790.
[2] ErläutRV, 73 BlgNR, 14. GP, S. 8.
[3] § 11 Abs 1 ImmoInvFG.
[4] Bekanntmachung der LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft vom 23.10.2023.
[5] § 216 ABGB.
[6] Quellen: Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, Österreichische Nationalbank.
[7] § 32 Abs 8 BWG.
[8] § 167 Abs 3 ABGB iVm § 217 Z 1 ABGB.
[9] § 56 Abs 1 u. § 60 Abs 2 WAG.